Die Corona-Krise fordert die deutsche Wirtschaft mehr als jede andere Krise, die wir in den letzten Jahrzehnten erlebt haben, heraus. Zahlreiche bis vor wenigen Monaten gesunde Unternehmen kämpfen um ihre Existenz. Die Staatshilfen, die wir beschlossen haben, sind historisch und im weltweiten Vergleich einmalig in ihrer Höhe. Allein München hat rund 70.000 Anträge auf Corona-Soforthilfe von Bund und Land mit einem Volumen von 302 Mio. Euro bearbeitet.
In München sind vor allem das Gastgewerbe und der Einzelhandel besonders von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen, auch weil der Tourismus nahezu vollständig wegfällt, der 2019 einen Wirtschaftswert von rd. 8,3 Mrd. Euro generierte. Hier war zu befürchten, dass die Zahl an Betriebsschließungen und Insolvenzen im Jahresverlauf deutlich ansteigen würde. Unsere Bundesjustizministerin will die Insolvenzantragspflicht weiter bis Ende des Jahres aussetzen, um bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung durch die Pandemie mehr Zeit für Sanierungsmaßnahmen zu geben. Aus diesem Grund sind derzeit die Fallzahlen bei den Insolvenzanträgen sogar deutlich niedriger als im Vorjahr.
Mit Überbrückungshilfen helfen wir kleinen und mittelständischen Betrieben durch die Krise. Sie haben bereits 34 200 Anträge mit einem Volumen von 651 Mio. Euro gestellt. Wir haben die Laufzeit bis zum 31.12.2020 verlängert und 24,6 Mrd. Euro bereitgestellt. Dieses Geld hilft aber nur, wenn es tatsächlich bei den Unternehmer*innen ankommt. Es war daher überfällig, dass der Bundeswirtschaftsminister den Kreis der Antragsberechtigten erweitert, die Fixkostenerstattung steigert und die Personalkostenpauschale verdoppelt. Das kommt vor allem Soloselbstständigen, kleinen sowie mittleren Unternehmen zu Gute. Aber für die Veranstaltungsbranche und auch Schausteller*innen, die zum Beispiel große Lagerhallen benötigen oder Fahrgeschäfte finanzieren müssen, braucht es noch eine tragfähige Lösung.
Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds sichert insbesondere größeren Unternehmen die notwendige Finanzkraft zum Überleben. Die befristete Absenkung der Umsatzsteuer gibt einen starken Impuls für mehr private Nachfrage auch gerade bei höherpreisigen Gütern. Mit dem Haushalt 2021 setzen wir die Investitionsoffensive des Bundes aus dem Konjunkturpaket fort. Zum einen stärken wir die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und stützen so die Konjunktur und damit Beschäftigung. Zum anderen sichern wir Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit angesichts der anstehenden Herausforderungen, insbesondere die Gestaltung der Digitalisierung und den Kampf gegen den Klimawandel.
Der Arbeitsmarkt steht nach wie vor unter Druck, aber stabilisiert sich langsam. Im September waren in der Landeshauptstadt 47.864 Personen arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum August waren damit 1.132 Menschen mehr in Arbeit. 5.550 Personen konnten im Agenturbezirk wieder eine Arbeit aufnehmen, das waren 1.315 mehr als im Vormonat. Seit Juli steigt die Nachfrage nach Fachkräften wieder an.
Das Kurzarbeitergeld von Arbeitsminister Hubertus Heil wirkt. In München rechneten im April 16.671 Betriebe für 202.003 Beschäftigte Kurzarbeitergeld ab, seit Beginn der Corona-Krise hatten in München bis Ende August rund 55 % der Betriebe Kurzarbeit für fast 340.000 Beschäftigte angezeigt. Nach der Höchstmarke im April nimmt nun der Arbeitsausfall langsam wieder ab. Mit dem erweiterten und erhöhten Kurzarbeitergeld haben wir eine Brücke über die Krise gebaut. Doch der Anteil an Beschäftigten in Kurzarbeit ist immer noch deutlich höher als auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009. Daher werden wir die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von 12 auf bis zu 24 Monate, längstens bis Ende 2021 verlängern.
Der Zugang zum Kurzarbeitergeld bleibt erleichtert und auch die Aufstockung setzen wir fort: statt regulär 60 % des ausgefallenen Nettolohns gibt es ab dem 4. Monat 70 % und ab dem 7. Monat 80 %. Außerdem können sich Kurzarbeiter*innen weiter mit Nebenjobs mehr dazuverdienen. Sozialversicherungsbeiträge werden für ausgefallene Arbeitsstunden weiter erstattet. Die volle Erstattung für den Arbeitgeber knüpfen wir an eine Weiterbildung der Beschäftigten. So setzen wir zugleich einen wichtigen Anreiz für mehr Qualifizierung.
Bis August sind in München 10.826 Ausbildungsstellen gemeldet worden, ein Achtel weniger als im Vorjahr. Damit auch in der Corona-Krise kleine und mittlere Unternehmen weiterhin ausreichend Ausbildungsplätze anbieten können, haben wir für 500 Mio. Euro bis Ende nächsten Jahres eine Ausbildungsprämie aufgelegt um Ausbildungsplätze erhalten oder zusätzliche zu schaffen, durch einen Zuschuss Kurzarbeit für Ausbilder*innen und Auszubildende zu vermeiden und im Bedarfsfall die Übernahme abzusichern.
Gute Arbeit erfordert gute Arbeitsbedingungen. Unbezahlte Überstunden, überteuerte und miserable Unterkünfte, mangelnde Hygiene, Verstöße gegen das Arbeitszeit- und Mindestlohngesetz – gerade in der Fleischwirtschaft hat die Corona-Krise unhaltbare Arbeitsbedingungen noch stärker offengelegt. Die Missstände werden wir mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz beenden und allgemein einheitliche Kontrollstandards sowie höhere Bußgelder festsetzen.
Das Mindestlohngesetz werden wir noch in diesem Jahr evaluieren. Unser Ziel ist die perspektivische Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Dafür will Arbeitsminister Hubertus Heil das Gesetz weiterentwickeln und ein angemessenes Lohnniveau deutlicher verankern.
Wir haben Maßnahmen ergriffen für mehr Sicherheit bei Arbeit auf Abruf und für den besseren Schutz bei kurzer Beschäftigung beschlossen. Unser Ziel bleibt außerdem Befristungen zurück zu drängen und sachgrundlose Befristungen abzuschaffen. Wegen der Corona-Pandemie arbeiten viele Beschäftigte im Homeoffice. Um dem und anderen Formen mobiler Arbeit einen verlässlichen Rechtsrahmen zu geben, wird Arbeitsminister Hubertus Heil einen entsprechenden Regelungsentwurf vorlegen. Phänomene wie Crowdworking und Clickworking erfordern auch Anpassungen im Betriebsverfassungsgesetz. Wir brauchen verbindliche Mindeststandards der Mitbestimmung für neue Formen der Arbeit.
Um Sicherheit in unsicheren Zeiten zu bieten, wird für 1,3 Mrd. Euro der erleichterte Zugang in die Grundsicherungssysteme bis zum 31. Dezember verlängert. In diesem Zuge werden wir den Zugang insbesondere von Künstler*innen, Soloselbstständigen und Kleinunternehmer*innen durch eine geeignete Ausgestaltung des Schonvermögens deutlich verbessern. Perspektivisch wollen wir die Grundsicherung durch ein neues Bürgergeld ersetzen. Dazu werden wir als ersten Schritt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und Leistungskürzungen im ALG-II-Bezug von mehr als 30 % ausschließen. Auch die strengeren Sanktionen für unter 25-Jährige wollen wir abschaffen.
Darüber hinaus setzen wir uns für eine solidarische Arbeitslosenversicherung ein. Sie soll durch ein Recht auf geförderte Weiterbildung dafür sorgen, dass Arbeitslosigkeit möglichst gar nicht erst entsteht. Tritt Arbeitslosigkeit dennoch ein, soll es ein Arbeitslosengeld-Q für gezielte Weiterbildung geben, durch das sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld I entsprechend verlängert. Wer viele Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll einen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben und danach nicht sofort das Ersparte offenlegen müssen. Mit dem Arbeit-von-morgen-Gesetz und dem Qualifizierungschancengesetz haben wir in dieser Wahlperiode bereits wichtige Schritte unternommen, damit die Beschäftigten von heute auch die Arbeit von morgen machen können.
Wenn 70 % aller großen Börsenunternehmen keine Frau in ihrem Vorstand sitzen haben, ist das blanker Hohn. Die Entwicklung des Frauenanteils in Führungspositionen zeigt, dass es an der Zeit ist, die 2015 in Kraft getretenen Regelungen, weiterzuentwickeln. Unsere Bundesfrauenministerin Franziska Giffey will daher in Vorständen von börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau vertreten wissen. Die 30-%-Quote für Aufsichtsräte will sie auf alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen erweitern. Des Weiteren soll eine Verbesserung des Sanktionsmechanismus bei der Verletzung von Berichtspflichten umgesetzt werden.